Text von Martin Bos – Breisgauer Wochenbericht
„Das kann man gar nicht groß erklären, sondern muss es selbst gesehen haben“
MuseumsCafé & Hofladen Zeisset geht mit der Eröffnung der „Golden Ei Gallery“ neue Wege
Weisweil (bos). Das MuseumsCafé Zeisset ist aufgrund der Coronapandemie und ihren Folgen seit vielen Monaten geschlossen. Jutta Zeisset und Tamara Weiss entschieden sich im Frühjahr, neue Wege zu gehen, um für ihren Betrieb mehr Planungssicherheit zu gewinnen. Gemeinsam mit Philipp Weingardt schufen sie im Innenbereich des Cafés die „Golden Ei Gallery“. Eine außergewöhnliche Ausstellung von Graffiti über Stencilart bis hin zu Fotokunst erwartet die Besucher. Am kommenden Samstag, 31. Juli, findet die feierliche Eröffnung statt.
„Die Coronapandemie hat sehr viel verändert und auch unseren Betrieb sehr stark umgekrempelt“, sagt Jutta Zeisset. Aus dem Hofladen wurde ein Selbstbedienungshofladen mit 24/7 Service. „Unsere Kaffeemaschine aus dem Café ist nun in unserer `Coffee to Go Station‘, wir haben unser Sortiment stark ausgebaut.“ Die Gartenterrasse werde sofort wieder geöffnet werden, wenn die Registrierungspflicht falle. In der sehr langen Zwangspause während des Lockdowns reifte bei Zeisset und ihrer Partnerin Tamara Weiss der Entschluss, das Glück in die eigene Hand zu nehmen und nicht mehr nur ständig auf die aktuellen Corona-Verordnungen zu reagieren. „Ein Selbstbedienungskonzept mir Registrierungspflicht umzusetzen war für uns einfach nicht praktikabel“, erklärt Weiss. Ein neues Konzept musste her, Zeisset kann den „Tag der Idee“ für die „Golden Ei Gallery“ genau benennen. „Es war der 24. April, ich habe etwas sehr Inspirierendes im Internet gesehen.“ Seit diesem Tag wurde dann an der Umsetzung gearbeitet. „Zuerst haben wir das Café ausgeräumt, dann hat uns ein Profi beraten, wie die künftige Galerie aussehen könnte, diverse Umbauarbeiten folgten“, so Weiss. Und wie kam es zu dem außergewöhnlichen Namen der Galerie? „Es ist ein schönes Wortspiel. Der Hintergrund ist aber auch, dass wir hier früher eine Hühnerfarm hatten“, sagt Zeisset augenzwinkernd.
Hochkarätige Streetartkünstler
Wer bei der „Golden Ei Gallery“ an Ölgemälde oder Aquarelle denkt, liegt falsch. Zu sehen und zu kaufen gibt es vielmehr die Werke von hochkarätigen Streetartkünstlern wie „Adultremix“, „Bona Berlin“, „Coude“, „GoIn“, „Falco“, „Hollyhock“ oder „Orange“. Nicht nur aufgrund des großflächigen Formats wird den Besuchern der Galerie auch ein Werk des Augsburger Graffiti-Sprayers „Mista Sed“ ins Auge fallen. Er ist der Erfinder der „Wuffelpuffelz“, die mit großen Augen und einem langen Haarkleid auf kleinen Füßen stehen und dem Betrachter genau ins Gesicht sehen. „Es gibt viel lustiges und niedliches zu sehen, Sachen, die gute Laune machen“, so Weiss. Dazu gehören auch die Werke der Kölner Künstlerin „Sweetsnini“, die liebevolle Strichmännekes, Sprüche und Wortspiele als Mini-Botschaft mit großer Wirkung hinterlässt. „Wir kamen über Philipp Weingardt an die Künstler, er ist in der Streetart zu Hause“, erklärt Zeisset. Mit Weingardt sei es genau in die Richtung von Kunst gegangen, die man sich vorgestellt habe. „Wir wollten etwas Außergewöhnliches bieten. Was in der Galerie gezeigt wird, kann man gar nicht groß erklären, sondern muss es selbst gesehen haben.“
Streetart ist auch eine sehr gesellschaftskritische Kunst, was beim Rundgang durch die Räumlichkeiten deutlich wird. „Streetart ist Kunst mit Gewissen“, betont Zeisset. Gesellschaftliche Missstände werden in vielen ausgestellten Werken angeprangert, nicht zuletzt der vielerorts überbordende Konsum und die Fixierung auf das Smartphone werden aufs Korn genommen. Ein Stencil Werk des französischen Künstlers „Falco“ mit dem Feldherrn Napoleon auf dem Roller als Fahrer einer weltweit agierenden Essenlieferkette regt zum Nachdenken, aber auch zum Schmunzeln an. Das Motiv ist nicht nur auf einer Leinwand zu sehen, sondern wurde vom Künstler auch an die Fassade des MuseumsCafé & Hofladen Zeisset in der Oberhausener Straße gesprüht. „Das besondere an Streetart ist auch, dass sie auf praktisch jedem Material funktioniert“ sagt Weiss, die dabei auf künstlerisch verzierte Spraydosen zeigt. Auch Fotokunst hat ihren Platz in der „Golden Ei Gallery“. Zu sehen ist eine Mischung aus international bekannten Künstlern, lokalen Größen und vielversprechenden Newcomern. „Einiges, was zu sehen ist, gibt es exklusiv bei uns“, erklärt Zeisset. Ebenso wie Weiss und Weingardt ist sie überzeugt, dass die in der „Golden Ei Gallery“ gezeigte Kunst alle Generationen ansprechen wird. „Wir sehen, dass die Kunst ankommt. Viele Kunden des Hofladens sind interessiert und haben uns auf die Werke angesprochen“, freut sich Zeisset.
Eine große Eröffnungsfeierlichkeit der „Golden Ei Gallery“ sei in Anbetracht der Pandemie leider nicht möglich, bedauern Zeisset und Weiss. Doch ein bisschen feierlich dürfe es trotzdem am Samstag, 31. Juli, ab 14 Uhr werden, wenn die Galerie zum ersten Mal ihre Pforten öffnet. „Ich denke, wir können schon stolz auf das Geschaffene sein“, sagen Zeisset und Weiss voller Vorfreude.
Text von Martin Bos – Breisgauer Wochenbericht